sturmfisch
 

was aus mir kommt

Treppe zum Himmel



Sitze im Café. Die Sonne schien auf meinem Weg hierher. Wolken waren keine zu sehen, nicht in meiner Richtung. Der Himmel ist klar. Lese Simone De Beauvoir. Auch sie schrieb über den Himmel „… und am Horizont das ganze Amerika. Ich selbst existiere nicht mehr. So ist das. Ich begreife, was ich hier gesucht habe: diese Fülle, die man nur in der Kindheit oder der ersten Jugend kennt, wenn man sich selbst zugunsten anderen Dinge einmal völlig ausschalten kann. [...] Paris bleib für mich das Herz der Welt, Paris war nie völlig aus mir gewichen, ich selbst war immer in meiner Haut geblieben. Paris hat seine Hegemonie verloren. Ich bin nicht nur in einem fremden Land, ich bin in einer fremden Welt gelandet, in einer selbständigen, abgesonderten Welt; ich berühre diese Welt – sie ist da. […] Mit einem Schlage bin ich befreit von der Sorge um jenes monotone Unternehmen, dass ich mein Leben nenne. Ich bin nur noch das bezaubernde Bewusstsein, durch welches hindurch das souveräne Objekt sich entschleiern wird“. Dann regnet es. Auch in der Stadt lieben Himmel und Meer sich leidenschaftlich. Für Sommerregen auf der Haut ist es zu kalt. Das Licht bricht durch. Sekunden nur. Dann gewinnt das Liebesspiel des Wetters. Die Welt ist feucht, der Boden nass, die Strassen leer. Auf ihnen spiegeln sich vermischt das Grün die Bäume mit dem Graurotblau des Himmels. Die Farben atmen durch, glänzen in ihrem Kontrast. Rinnsale fließen auf verbotenen Wegen, spülen den Staub der Stadt hinweg. Gelegentlich ist ein Kanal verstopft. Der Asphalt wird für kurze Zeit zum Fenster, in dem sich der Horizont blau spiegelt. Ob ich in den Himmel fliege, wenn ich sofort hineinspringe? Die Luft riecht danach. Selbst die Treppe, die ich langsam nach oben steige, führt dorthin.


 

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was aus mir kommt

Ans Meer



Als Skye am Morgen leise durch das Haus schlich, unsicher, ob sie Kaffee nur für sich kochen und Martin weiter schlafen lassen sollte, fand sie einige handbeschriebene Blätter auf der Kommode. Draußen regnete es. „So ein Wetter ist, wenn Himmel und Meer sich lieben“ dachte sie, und war glücklich, dass keine Sonne schien. Nach wie vor fühlte sie sich, als ob Martin sie noch immer hielt. Vorsichtig, um sie nicht aus ihren Gedanken zu verschrecken, legte er seine Arme von hinten um sie. Skye hatte ihn nicht kommen gehört, zu sehr prasselte der Regen. „Komm‘, ich lese es dir vor“ murmelte er ihr ins Ohr. Die Grenze zwischen Flüstern und küssender Berührung war nicht auszumachen. Skye fröstelte. Sanft zog Martin sie zurück ins Bett. Es duftete noch immer nach ihrer Wärme. Vincx-Sûr-Plage, 6.40h. Blaue Lippen, nasse Haare, zitternde Haut noch. War schwimmen. Verfrühtes Morgenlicht, feuchte Nebel liegen still über dem schlafenden Wasser. Grüne Pinien duften dem Sommer entgegen. Das Dunkel des Meeres umfängt mich wie eine Geliebte, die ich nicht habe. Es sind die eigenen Wellen, die ich schwimmend schlage, die um mich züngeln. Schneller, schneller, das Wasser ist stärker, kälter als ich. Aufgelöstes Ufer. Meer nur noch, Angst mich zu verlieren. Fern der Horizont. Bewegungslos. In die Tiefe sinken. Die Rufe der Morgen-vögel versterben in dieser ausgeatmeten Stille. Sinken. Tiefer. Sinken. In den Ohren rauscht mein Leben vorbei. Erinnerungen, Zweifel drängen wie Luftblasen flatternd nach oben. Lösen sich an der Oberfläche in dem Rest der Welt platzend auf. Frei. Im Nichts schweben. Tiefer. Inne-halten noch. Nur eines fühlen. Fühlen. Mich. Nur mich. Tiefer noch. Stille. Leben verdichten. Eine Stelle. Nur eine. Mein Herz. Schlägt. Warm. Auftauchen. Aus großer Tiefe heraus. Emporschießen. Licht atmen, die Welt schmecken. Der Kälte wegschwimmen, das Ufer riechen, schwimmen, Morgenröte hören, schwimmen, schwimmen. Mit Klarheit sehen, nach vorne. Schwimmen. Richtung fühlen, raumlos im Denken.

leben unsere entferntesten träume? wann sind wir am meer?

befreiend, die gezeiten und glitzernde brandung auf der haut. nur wir zwei königskinder am ende und begin der welt.

das meer ... liebe.

begehrende bewegung nährende flut, verzehrende ebbe im tiefsten sein

weiße segel auf der zuverlässigkeit stiller tage

gischt brausende stärke nahender leidenschaft

von fließendem sand warm umrandetes azur zerklüfteter hoffnungen

exotische wärme türkieser oasen gemeinsamer beständigkeit

wie tief es geht?

kleine zehen hineingehalten schrecksekunden lang nur

füße unsicher eingetaucht

bis zum bauch gegangen, die umarmung des wassers geahnt

dann

bis zu unseren bebenden lippen den grund unter den füssen verlieren, flutende hingabe, treiben, tauchen endlich endlich nur fisch sein

ja, am meer wird alles.

du.

Heute kommt Skye. Endlich. Selbst das Meer atmet anders.


 

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was aus mir kommt

schneefrau



es schneit, es schneit, es schneit. die welt wird ganz weiss draussen. und sauber. das licht der strassenlaternen spiegelt sich und erhellt die haeuser. auch ihre daecher sehen so rein aus, scheinen nur gutes zu bedecken. die schornsteine atmen ruhig, und die flocken schwirren leise in die welt der ruhelosen. selbst um mitternacht wuerde ich eine schneefrau bauen. und ihr einen schneemann an die seite stellen, damit ihr herz nicht erfriert.


 

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