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Gute Nacht.



Asta küsst mich. Und ich küsse zurück. Meine Hände wandern über ihren nackten Körper. Dann füttern wir uns gegenseitig mit der frischen Nachspeise. Und schlafen dabei fast ein. Eng aneinander geschmiegt, dem Tor der Traumwelt entgegen, mit unbekannten, aber gemeinsamen Ziel.


 

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Hafen der Gefuehle



Also machen wir uns auf den Weg zum Pantheon, vorbei an dem großen Obelisken von Monteciterio. Nur selten bleiben wir vor den originellen Schaufenstern in den engen Gassen stehen, aber wir genießen den Reiz der alten Häuser. Ganz unvermutet überrascht uns die Piazza della Rotunda, die wir von einer kleinen Seitenstrasse aus erreichen.

»Komm, wir gehen rein. Von außen sieht es so unscheinbar aus. «

Wir lassen die schwere Bronzetür hinter uns, und es dauert einen Moment, bis sich unsere Augen an das schimmernde Licht in dem Erhabenheit ausstrahlenden Innenraum des Pantheons gewöhnen.

pantheon
Ein breiter Lichtstrahl fällt durch eine runde Öffnung im höchsten Punkt der über vierzig Meter hohen Kuppel und versucht die Dämmerung dieser unwirklichen Welt scharf zu zerschneiden. Nur ein paar Spatzen wirbeln zwitschernd in der monumentalen Schlichtheit der größten gemauerten Kuppel der Welt umher, die Menschen bewegen sich unter ihr wie Aufziehfiguren. Sie erscheinen langsam und still, als suchten sie einen Platz, um endlich einmal anhalten zu können. Sie suchen sich selbst, um sich in einem lange herbeigesehnten Augenblick der Erkenntnis in dem alle Farben umfassenden Lichtstrahl aufzulösen und der geometrischen Enge des Daseins zu entfliehen. Das Pantheon als Ablegestelle zum wahren Ich, Rom als Hafenstadt er Erkenntnis. Wieviel Menschen sind wohl schon vor uns auf dem über 2000 Jahre alten, hellen Marmor aus den vielen Nischen heraus, vorbei an Säulen und Gräbern zum Mittelpunkt der riesigen Rotunde gelaufen, haben die Augen nach oben erhoben und vielleicht ein Stück Unendlichkeit erlebt?. Wer hat es seinen Gedanken erlaubt, durch die große Öffnung in der Decke zu entfliehen, den Geist zu erheben und ein Stück der lichtdurchfluteten Freiheit ängstlich zu genießen? Asta und ich stehen uns eng aneinandergedrückt gegenüber, legen unsere Arme umeinander, halten uns fest. Nimmt uns mit, Götter, heller Strahl, durchdringe uns, leuchtendes Licht.
 

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Die andere Haelfte



Dann erscheint in leuchtendem Blau der Einsteigehinweis zu meinem Flug auf dem Bildschirm. Neben der Flugnummer sehe ich kleine rosa Herzchen tanzen, wie betrunken laufe ich zum Gate. Die Erfahrung der vielen Flüge, die ich im Laufe der Jahre von hier aus gemacht habe, stellt sicher, daß ich mich trotz rosa Herzen und anderer Halluzinationen nicht verlaufe. Unterwegs begegnet mir noch ein guter Bekannter, der mir freudig berichtet, daß er das Wochenende zu seiner Frau nach Wien fliegt. Ich lächele verständnisvoll und entschuldige mich mit Hinweis auf meine Einstiegszeit. Irgendwann sitze ich dann ohne Nachbarn auf meinem Fensterplatz 4E, bin angeschnallt, habe die Sicherheitshinweise wieder ignoriert und spüre, dass es in meiner Magengegend massiv grummelt, als sich das rotierende Turbinengeräusch schnell verstärkt, um mich schließlich fest in den Sitz zu drücken. Draußen regnet es, die Wolken hängen tief. In etwas mehr als zwei Minuten sind wir durch die grauen Schicht hindurch geflogen und stechen in strahlendes Blau. Aufatmen. Und Puls zurück auf Normalniveau. In diesen Konditionen halte ich es im Flieger relativ komfortabel aus, und meine Angstbewältigungsstrategie greift, ich löse mich innerlich aus der Vorstellung zu fliegen und konzentriere mich auf etwas Schönes. Anfangs auf die Bordzeitung, dann den leichten Walldorfsalat mit Käsetoast und später die Lektüre, die ich sicherheitshalber für den Flug eingepackt habe. Von einem meiner italienischen Lieblingsautoren, Luciano De Crescenzo. In seinem Buch "Von der Macht der Liebe", das mich auf diesem "Abenteuer" begleiten soll, beschreibt er, wie sich alte griechische Philosophen über das Thema Liebe unterhalten. Sehr witzig geschrieben. Und ein kurzer Abschnitt von ihm bringt etwas in mir zum Schwingen.

"Mir scheinen die Menschen durchaus der wahren Kraft des Eros nicht innegeworden zu sein. Zunächst aber müssen wir die menschliche Natur und deren Entwicklung richtig kennenlernen. Unsere Ehemalige Natur war nämlich nicht dieselbe wie jetzt, sondern eine ganz andere. Im Ursprung gab es drei Geschlechter von Menschen, nicht wie jetzt nur zwei, männliches und weibliches, sondern es gab noch ein drittes dazu, welches das gemeinschaftliche war von diesen beiden: mannweiblich, zusammengesetzt aus dem Männlichen und Weiblichen. All diese Wesen waren doppelt, ihre Gestalt war so rund, so daß Rücken und Brust im Kreise herumgingen, sie hatten vier Hände und vier Schenkel und zwei Gesichter auf einem kreisrunden Hals, und zweifache Schamteile auch, zwei männliche die Männer, zwei weiblich die Frauen und ein männliches und ein weibliches die Mannweiblichen. An Kraft und Stärke nun waren sie gewaltig und hatten auch große und hochmütige Gedanken, denn sie forderten die Götter heraus, so als wären sie ihnen gleichgestellt. Zeus und die anderen Götter beratschlagten nun, was zu tun sei, und wußten nicht, was. Denn es war nicht ratsam, sie zu töten, weil damit auch alle Ehrenbezeugungen und Opfergaben verlorengegangen wären. Nach vielen Mühen kam der Göttervater auf den Gedanken, alle Angehörigen der Geschlechter zu teilen, daß sie nur noch zwei Beine und ein Schamteil haben sollten. Sollten sie aber trotzdem mit ihrer Ausgelassenheit fortfahren, wollte er sie weiter zerschneiden, daß sie auf nur einem Bein gehen müssten wie Kreisel. Und so zerschnitt er sie alle, und Apollon heilte ihre Wunden, doch die Menschen wurden sehr unglücklich: Ein jeder sehnte sich nach seiner anderen Hälfte, und so kamen sie zusammen, umfaßten sich mit den Armen und schlangen sich aneinander in dem Begehren, wieder zusammenzuwachsen. Und dieses Verlangen und Trachten nach dem Ganzen heißt Liebe."

Ich bin wohl gerade auf dem Weg auszuprobieren, ob ich diese andere Hälfte vielleicht gefunden habe. Die Schmerzen des ausschließlich virtuellen Zusammenseins und realem Getrenntseins voneinander haben Asta und ich nun schon einige Wochen durchlebt, den Wunsch wieder heile zu sein, mit der fehlenden Hälfte zusammenzuwachsen, können wir mit den alten Griechen teilen. Der Gedanke, vielleicht endlich das gefunden zu haben, was ich seit Jahren suche, durchströmt mich wie erstes Frühlingslicht den feingewebten Leinenvorhang im Südfenster. Er lässt mich Zeit (am Nachmittag, neunzig Minuten vor unserer Begegnung) und Ort (zwölftausend Meter über der Norditalienischen Erdoberfläche) vergessen - ich träume.

[kleiner Ausschnitt aus meinem Buch]


 

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